Im Januar 2025 führte mich die Erasmus+-Fortbildung „Mindfulness and Meditation in Iceland with a School Visit“ (Achtsamkeit & Meditation in Island mit einem Schulbesuch) mit der Organisation Smart Teachers Play More (STPM) [externer Link] nach Island – eine Reise, die mir neue Perspektiven eröffnet hat, sowohl persönlich als auch beruflich. In diesem Beitrag zeige ich, wie Achtsamkeit auf einfache Weise in den Grundschulalltag integriert werden kann – mit erprobten Übungen, einer passenden Playlist und konkreten Ideen für mehr Ruhe, Fokus und Selbstwahrnehmung im Klassenzimmer. Unsere inspirierende Trainerin in Reykjavík war Berglind, die auf dem Instagram-Kanal von STPM (s.u.) einige der gezeigten Übungen vorstellt.
Wer mehr über die Reise selbst erfahren möchte,
findet persönliche Eindrücke, Tipps und Geschichten
auf meinem Reiseblog miloswelt.reise.
Mitten in Island, mitten im Moment
Der Kurs [externer Link] widmete sich den Themen Atmung, Konzentration, Bewegung und Achtsamkeit – mit Schwerpunkten wie Meditation, Fokus, Dankbarkeit, Affirmationen sowie Werten und Gewohnheiten. Ergänzt wurde das Ganze durch kreative Übungen, die Körper und Geist gleichermaßen ansprechen. Viele Impulse waren mit einfachsten Mitteln umsetzbar – und dennoch erstaunlich wirksam.
Bevor ich einige dieser Impulse vorstelle, möchte ich auf meine begleitende Playlist hinweisen. Die ersten drei Titel enthalten angeleitete Atemübungen, bei denen die Kinder im Rhythmus der Töne das Ein- und Ausatmen trainieren. Anschließend folgen sorgfältig ausgewählte Musikstücke, die bewusstes Atmen, Achtsamkeit und Entspannung im Klassenzimmer unterstützen – ideal für ruhige Übergänge, konzentrierte Phasen oder kleine Auszeiten zwischendurch.
Im Mittelpunkt steht der isländische Künstler Friðrik Karlsson, dessen sanfte Klanglandschaften sich besonders gut für meditative Momente eignen. Der letzte Track stammt aus der Show „Aurora“, die 2025 im Planetarium des PERLAN in Reykjavík zu sehen ist:
Fideting & Doodling (mit Naturmaterialien)
Statt Plastik-Spielzeug wirken Naturmaterialien wie Wolle, Steine oder Holz nachweislich beruhigender auf das Gehirn. Sie eignen sich hervorragend zum Spüren, Sortieren oder als taktile Begleiter beim Zuhören. Für Kinder, die sich besser konzentrieren können, wenn sie dabei zeichnen, bietet sich das Doodling an – kleine Kritzeleien am Rand, die helfen, Fokus und innere Ruhe zu finden. Kleine „Doodle“-Heftchen lassen sich ganz einfach aus Papierresten zusammenstellen.
☞ Download:
*Einfach auf Stickerpapier (A4) drucken, ausschneiden – fertig zum Aufkleben!

Mein ☯️ Achtsamkeits-Set (Calming Kit) fürs Klassenzimmer, inspiriert von Island – interaktiv über ThingLink mit Tipps, Links und Infos.
Bewegungsübungen
..sind spielerisch, aktivierend und sprachlich anschlussfähig. Besonders in der Arbeit mit jüngeren Kindern oder mehrsprachigen Gruppen. Ein erstes Highlight war die Arbeit mit dem Bilderbuch „From Head to Toe“ von Eric Carle. Die Umsetzung ist einfach: Die Seiten des Buches werden über den Beamer / das Smartboard gezeigt. Zu jedem Tier wird gemeinsam der passende Satz gelesen, z. B. „I’m a monkey and I wave my arms.“ Die Lehrkraft fragt: „Can you do it?“ Die Kinder antworten im Chor: „I can do it!“ – und führen dabei die Bewegung aus. Diese klare Struktur schafft Sprachvorbilder, fördert das Hörverstehen und macht gleichzeitig Spaß. Ideal für den Morgenkreis oder als bewegte Pause zwischendurch.
TIPP: Auf der Insta-Seite von STPM findest du das Highlight „Activities“ [externer Link]. Hier zeigt Berglind einige der Übungen aus dem Kurs wie bspw. „Crazy Eight“ oder „The Dancing Brain-Gym“.
Atemübungen & Meditationseinführung
Ein zentrales Ziel der Achtsamkeitseinheiten war es, den Kindern nicht nur Entspannungsübungen zu zeigen, sondern ihnen auch grundlegendes Wissen über den Atem mitzugeben. Sie lernen, warum die Atmung durch die Nase gesünder und beruhigender ist und wie sie bewusst gelenkt werden kann. Eine erste Einführung bietet die „Flower-and-Candle“-Atmung: Die Kinder stellen sich vor, an einer Blume zu riechen (durch die Nase einatmen) und eine Kerze sanft auszupusten (durch den Mund ausatmen). Diese bildhafte Vorstellung hilft ihnen, den Atem ruhig und gleichmäßig zu führen.
☞ Download:
„Das Atmen durch die Nase kann die gesamte Anstrengung halbieren und erhebliche Vorteile in der Ausdauer bieten.“ – James Nestor, Breath – Atmen (PIPER 2021)
Als zweite, allgemeinere Übung zur Atemfokussierung wurde das „Starfish Breathing“ eingeführt:
Dabei fahren die Kinder mit dem Finger die Umrisse ihrer gespreizten Hand nach – beim Hochfahren atmen sie ein, beim Herunterfahren aus. So entsteht ein ruhiger Atemrhythmus über fünf Atemzüge hinweg.

Ein besonderes Ritual: Zimbeln
- Ein einzelner Gong bedeutet, dass die Kinder ihre Meditationshaltung einnehmen: aufrecht, beide Füße auf dem Boden, an den Rand des Stuhls gerutscht, die Hände entspannt im Schoß, Augen geschlossen oder auf einen festen Punkt gerichtet.
- Zwei Gongs signalisieren das Ende der Übung.
Fokus-Training
Nachdem die Kinder über ihre Atmung erste Zugänge zur Ruhe und Selbstregulation gefunden hatten, ging es im nächsten Schritt darum, den inneren Fokus gezielt zu schulen. Dabei standen Übungen im Mittelpunkt, die Konzentration, Körperwahrnehmung und das bewusste Lauschen fördern – Fähigkeiten, die nicht nur für den Schulalltag, sondern auch für das eigene Wohlbefinden bedeutsam sind.
Übung 1: Layers of Sound
In aufrechter Meditationshaltung üben die Kinder, ihre Aufmerksamkeit nach innen und außen zu lenken – Schicht für Schicht („layer für layer“).

Zunächst lauschen sie auf Geräusche außerhalb des Raumes: Vogelzwitschern, Autos, entfernte Stimmen. Dann verlagern sie den Fokus auf Geräusche im Raum: das Ticken einer Uhr, das Rascheln von Kleidung, Atemgeräusche der anderen. Schließlich hören sie nach innen: den eigenen Atem, das Klopfen des Herzens, das Rauschen im Ohr. Diese Übung schult die auditive Wahrnehmung und stärkt den inneren Fokus.
Übung 2: Guess the Time…?
Diese stille und zugleich spielerische Übung lädt die Kinder dazu ein, ihr eigenes Zeitgefühl zu erforschen. In Meditationshaltung schließen sie die Augen und zählen innerlich – je nach Zielsetzung – bis 30 oder 60. Sobald sie glauben, die entsprechende Zeitspanne sei vergangen, öffnen sie leise die Augen. Um den Kindern eine Orientierung zu geben, hebt die Lehrkraft zwischen 28 und 32 Sekunden (bzw. dem entsprechenden Zielbereich) langsam den Arm. Wer in diesem Zeitfenster die Augen öffnet, bekommt eine leise Rückmeldung, dass er oder sie gut im Zeitgefühl lag – ganz ohne Bewertung oder Leistungsdruck. Die Übung fördert die Konzentration, das Körpergefühl und ein achtsames Zeitbewusstsein. Oft sind die Kinder selbst überrascht, wie unterschiedlich sich 30 Sekunden anfühlen können – je nachdem, wie ruhig oder unruhig sie innerlich gerade sind.
Übung 3: Mindful Mandalas

„Naturmandalas“ aus Linsen, Kürbiskernen, Holzstückchen, Muscheln… Intuitiv und meditativ – mit ruhiger Musik und sinnlichem Zugang über Fühlen und Riechen.
Dankbarkeit & Affirmationen
Kinder erfahren, wie wohltuend es sein kann, den Blick auf das zu richten, was gut ist – in sich selbst und in ihrer Umgebung. Kleine Rituale rund um Dankbarkeitsmomente oder stärkende Sätze fördern eine positive Haltung, stärken das Selbstwertgefühl und schaffen Zuversicht im Schulalltag.
Übung 1: Give & Pass
Jedes Kind hält einen bemalten Stein in der rechten Hand. Beim Kommando „Give“ wird der Stein in die linke Hand gelegt, beim Kommando „Pass“ an den linken Nachbarn weitergegeben. Auf den Steinen stehen Ziffern von 1 bis 5, wobei jede Ziffer mehrfach vorkommt.

Wenn das Kommando „Stopp“ ertönt, schauen die Kinder auf ihre Zahl. Dann kommen z. B. alle mit der Ziffer 5 in die Mitte und…
- beantworten eine Frage, z. B.: Was war heute besonders schön im Unterricht?
- führen eine kleine Bewegung aus, z. B.: Dreimal Hampelmann.
- reagieren auf einen Impuls, z. B.: Nenne eine Sache, die du heute neu gelernt hast.
Nach der Aktion wird weitergegeben – „Give“, „Pass“ –, bis alle Gruppen an der Reihe waren.
Abschlussritual: Jede:r überlegt sich entsprechend der eigenen Zahl so viele Dinge, für die er oder sie heute dankbar ist – bei einer 3 also drei, bei einer 5 fünf Dinge. Wer möchte, darf einen Gedanken mit der Gruppe teilen.
Übung 2: Mantras
Bei dieser einfachen Achtsamkeitsübung berührt der Daumen nacheinander sanft Zeige-, Mittel-, Ring- und kleinen Finger. Zu jeder Berührung wird ein Wort eines stärkenden Satzes gesprochen – laut oder innerlich.
Beispiele:
👉 Ich – glaube – an – mich · Ich – kann – das – schaffen · Wir – sind – ein – Team…

Die Kombination aus Bewegung, Rhythmus und Sprache hilft, sich zu zentrieren, Selbstvertrauen zu stärken und einen Moment der inneren Ruhe zu finden – ideal für kurze Pausen im Schulalltag.
Viele dieser Übungen lassen sich leicht in den Schulalltag integrieren – ob als Einstieg in eine Stunde, als Pause zwischendurch oder als festes Ritual im Wochenplan. Sie laden dazu ein, sich selbst besser wahrzunehmen, die Umgebung bewusster zu erleben und über die Verbindung von Bewegung, Sprache und Stille neue Lernräume zu öffnen.
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