Allgemeine Hinweise
In den wenigsten Fällen geht es tatsächlich um die Einführung von Buchstaben, da die meisten Kinder bereits viele Buchstaben kennen, z.B. aus dem außerschulischen Bereich, vom eigenen Namen, durch Namen anderer Kinder oder durch die selbstständige Arbeit mit der Lauttabelle (Lauttreppe).
Gib den Phonemen -Schulung der Wahrnehmung & Unterscheidung von Lauten- genug Raum! Das entsprechende Graphem sowie die korrekte Schreibrichtung sollten nicht am Anfang stehen.
Der Weg geht also vom Hören zum Schreiben – nicht umgekehrt. Egal, mit welchem Konzept gearbeitet wird, die vier Basisbereiche Hören, Sprechen, Sehen und Schreiben sind zu beachten.
Beate Leßmann „Buchstaben einführen“ (03.09.2022, Instagram)
Vorgehen im Unterricht
Grundsätzlich beschäftigen wir uns im Unterricht mit einem Buchstaben (Laut) pro Woche, daher auch die Überschrift „Buchstabe der Woche“. Selbstständige Arbeitsphasen wechseln sich kontinuierlich mit plenaren Phasen ab. Die aktive Bildung und Unterscheidung von Lauten sowie die Wahrnehmung der Buchstabenform (inkl. der Stolperstellen beim Schreiben) sind nur in der gemeinsamen Interaktion, also im Plenum, wirklich zielführend und für alle umzusetzen.
Aber wo bleibt dann die Individualisierung?
Wie diese mit Hilfe eines individuellen Buchstabenweges gelingen kann, erfährst du weiter unten im Beitrag. (Oder du liest hier weiter.)
1. Der Wochenplan
Innerhalb der ersten Schultage erhält jedes Kind einen eigenen (laminierten) Wochen- bzw. Tagesplan zum „Buchstaben der Woche“. (TIPP: Vor dem Laminieren lasse ich die Kinder den Plan ausmalen und den Namen eintragen.) Anhand der Symbole sehen die Kinder, welche Aufgaben rund um den aktuellen Buchstaben noch zu erledigen sind. Mit einem Folienstift* werden dann alle vollständig bearbeiteten Aufgaben angekreuzt bzw. durchgestrichen.
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*Material-TIPP: Ich nutze gern die trocken abwischbaren Spezialstifte [Werbehinweis, externer Link] aus dem sternchenverlag.
2. Im Plenum
Die beiden obersten Aufgaben LERNEN und SPRECHEN -jeweils grau hinterlegt- werden gemeinsam im Plenum erarbeitet:
- Das LERNEN erfolgt nach Abschluss der sechs Lernangebote im Kinositz.
- Mit Hilfe der „Grundschrift“-Kartei* wird der Buchstabe der Woche genau unter die Lupe genommen (u.a. Zugehörigkeit zur Bewegungsgruppe, Größenverhältnis im Schreibraum, Formwahrnehmung und Bewegungsverlauf) und dann an der Tafel vorgeschrieben. Je nach Bedarf werden Nachspur-Übungen aus der Kartei (s.u.) gemeinsam wiederholt.
Im Anschluss üben die Kinder den richtigen Bewegungsablauf beim Schreiben, z.B. auf der entsprechenden Seite im Schreiblehrgang. Wir nutzen zusätzlich ein klassisches „Schreiblernheft“ wie dieses [Werbehinweis, externer Link]. Darin habe ich den Kindern die entsprechenden Buchstaben (oder ersten Worte) vorgeschrieben.
Beim Schreiben sollten die Laute, für die diese Zeichen stehen, immer mitgesprochen werden.
Beate Leßmann „Buchstaben einführen“ (03.09.2022, Instagram)
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*Material-TIPP: Da ich mit der Grundschrift arbeite, nutze ich auch die entsprechende „Grundschrift-Kartei zum Lernen und Üben“ [Werbehinweis, externer Link] des Grundschulverbands. Wer sich näher mit dem Konzept dieser Schrift beschäftigen möchte, dem kann ich folgende Seite sehr ans Herz legen: GRUNDSCHRIFT [externer Link]. Dort finden sich neben allen Infos auch zahlreiche kostenlose Downloads (Selbstreflexionen, Lineaturen, Arbeitspläne…).
- Das SPRECHEN erfolgt zunächst mit dem Üben eines Zungenbrechers* oder eines Reimes. (Dabei können die Kinder auch erraten, um welchen Buchstaben es wohl gehen wird…) Der passende Zungenbrecher oder Reim wird nun auf verschiedene Weisen gesprochen: langsam – schnell, leise – laut, singend, usw.
- Der Laut wird auf der Lauttabelle gesucht und mit dem entsprechenden Bild sowie dem Handzeichen (der Lautgebärde) verknüpft. Der Laut wird deutlich ausgesprochen, die Entstehungsstelle nachgespürt, die Mundstellung beim Tischnachbarn beobachtet, die eigene Mundstellung im Spiegel betrachten u.ä.
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*Im Materialpaket zum Buchstaben der Woche findest du in den Anregungen von A bis Z zu jedem Buchstaben einen passenden Zungenbrecher oder Reim. Weitere Informationen zum Einsatz der Lauttabelle findest du etwas weiter unten im Bereich „schreiben“.
3. Die sechs Lernangebote
Im Materialpaket sind die folgenden sechs Aufsteller* enthalten, die die Symbole aus dem Wochenplan (s.o.) aufgreifen. Im PDF-Dokument direkt unter den Kurzvorstellungen findest du weitere Erläuterungen und zahlreiche Materialien / Ideen zur Erweiterung der einzelnen Angebote:
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*Material-TIPP: Ich nutze die transparenten Tischaufsteller „deflecto®“ (A6, schräg) von OTTO-Office [Werbehinweis, externer Link].
HÖREN
Der Laut wird wiedererkannt und im Kontext (z.B. Wort) gehört.
SPÜREN (erfühlen & ablaufen)
Zuerst erfühlen die Kinder den Buchstaben der Woche in einem Fühlsäckchen. Danach wird der bunte Kunststoff-Großbuchstabe [Werbehinweis: betzold.de] befühlt und mit dem Finger 5-mal in Schreibrichtung nachgespurt. Der Buchstabe wird mit Krepp- Klebeband auf den Boden geklebt & der Bewegungsverlauf mit Pfeilen markiert. Die Kinder „laufen“ den Buchstaben entsprechend der vier Auftragskarten ab (als motivationales Angebot für etwas Bewegung – ohne didaktische Ansprüche).
SUCHEN (sehen)
Auf einem vorbereiteten DIN-A3-Poster klebt mittig der Buchstabe der Woche. Die Kinder suchen in Zeitungen, Zeitschriften, Werbeprospekten… nach dem Buchstaben und kleben ihre Funde auf. Parallel steht ein Buchstabentisch bereit, auf dem passende Gegenstände gesammelt werden können (Foto, s.u.)
LESEN
Die Kinder finden den Buchstaben im → Buchstabengitter [externer LINK] und legen Muggelsteine. In der Leseecke kann -thematisch passend- gelesen & gestöbert werden. Blitz- und Tandemleseübungen lassen sich ebenfalls integrieren.
SCHREIBEN (nachspuren)
Zuerst arbeiten die Kinder mit den entsprechenden Karten aus der Grundschrift-Kartei. Groß- und Kleinbuchstabe werde jeweils 10-mal mit dem Finger in Bewegungsrichtung nachgespurt. Anschließend kann eine Verknüpfung mit der Schreibzeit im Schreibbuch bzw. dem Schreiblabor stattfinden.
LERNEN (mit Medien)
Die Kinder bearbeiten ausgewählte digitale Angebote (z.B. von ANTON oder leseludi.de) rund um den Buchstaben der Woche.
☞ Download
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⚠ Das überarbeitete Materialpaket mit allen o.g. Dateien ist ab sofort wieder bei eduki unter der Material-ID 182658 für 5,00 EUR 4,00 EUR (bis 16.08.24) erhältlich.
4. Der individuelle Buchstabenweg
Bereits nach wenigen Wochen (oder sogar Tagen) wirst du feststellen, dass die Unterschiede im Arbeitstempo und im Leistungsniveau immer weiter auseinandergehen. Kinder kommen eben mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen, Erfahrungen und einem breitgefächerten Vorwissen in die Schule. Diesen Bedingungen müssen wir gerecht werden.
Wenn sich die Abläufe & Aufgaben an den einzelnen Lernangeboten langsam setzen, ist es an der Zeit, den Buchstabenweg zu öffnen. Die Kinder erhalten dazu das gleichnamige AB* (bzw. den 1. Teil). Vollständig erarbeitete Laute werden ab sofort dort ausgemalt, gleichzeitig gibt es einen Überblick über den weiteren Lernweg. Vollständig bedeutet, dass sich allen sechs Lernangeboten beschäftigt wurde und abschließend die entsprechende Seite im Arbeitsheft bearbeitet worden ist. Diese muss mir immer vorgezeigt werden, damit ich mir das Abschlussdatum auf einer „Übersichtsliste“ notieren kann. Danach können die Kinder selbstständig mit der Arbeit am nächsten Laut starten. (Zur Einstimmung & Vorbereitung müssen sie allerdings entweder eine ausgewählte Aufgabe in ANTON erledigen oder einen kurzes Erklärvideo zum jeweiligen Laut anschauen. Es wird also immer mit einer „Medien“-Aufgabe begonnen!) Im späteren Verlauf des Schuljahres verkürzen wir häufiger die Arbeit an den einzelnen Lauten oder lassen bestimmte Lernangebote entfallen – abhängig vom jeweiligen Leistungsstand & Interesse des Kindes.
Die Plenumsphasen bleiben davon unberührt. Jedem Laut widmen wir wöchentlich mindestens zwei solcher gemeinsamen Interaktionen, um die Aufmerksamkeit auf die Schulung der Wahrnehmung und Unterscheidung von Lauten zu richten, die Buchstabenform mit möglichen Stolperstellen in den Blick zu nehmen oder den Buchstabentisch mit dem gesammelten Fundstücken der Kinder zu besuchen. Eine solche Phase dauert in der Regel zwischen 10 und maximal 25 Minuten. Zur Erinnerung:
Laute und Buchstaben zu koppeln, ist das wichtigste Ziel im Schriftspracherwerb. Diese Fähigkeit erwirbt man nicht mit viel Papier.
Beate Leßmann „Buchstaben einführen“ (03.09.2022, Instagram)
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*Werbehinweis: Der im Materialpaket enthaltene Buchstabenweg bezieht sich auf die Arbeitshefte 1 und 2 von Beate Leßmann (erschienen im Dieck-Verlag [externer Link], 3. Auflage 2022).
5. Feste Schreib- und Lesezeiten
Neben der Arbeit am Buchstabenweg und der „Buchstabeneinführung“ besteht mein Deutschunterricht im ersten Schuljahr aus folgenden zwei Bausteinen:
- Schreibzeit: Einmal wöchentlich findet eine freie Schreibstunde mit unserem Milobuch statt. Weitere Infos hierzu kannst du hier oder in meinem Insta-Beitrag „Freie Schreibzeiten einrichten“ vom 22.01.2022 nachlesen. Zentrales Werkzeug in den ersten Schulwochen ist hierbei die Lauttreppe (Schreibtabelle / Lauttabelle).
- Lesezeit: Ebenfalls einmal wöchentlich findet eine freie Lesestunde statt. Im Wechsel mit der Schreibzeit eröffnen wir diese meistens mit einem Wort des Tages. Zentrale Inhalte der Lesestunden sind zum einen das Blitz- bzw. Tandemlesen und zum anderen das Vorlesen mit Kamishibai oder animierter PPT-Präsentation…
Noch mehr über den Unterricht im 1. Schuljahr erfährst
du auch in diesem Blogbeitrag → Eine 1. Klasse managen
Vielen Dank für deine so ausführliche Beschreibung des Buchstabenwegs und der Einführung! Du schreibst, dass „Das LERNEN erfolgt nach Abschluss der sechs Lernangebote im Kinositz.“. Verstehe ich es richtig, dass die Kinder erst die Angebote (nachspuren usw.) machen und danach die das Denken und Lernen mit der Lupe anhand der Kartei kommt oder ob das der Input vor den Angeboten ist. Ist mit noch nicht so ganz klar geworden. In meinem Kopf ist erst der Input und dann die individuelle Arbeit mit den Angeboten.
Mir ist wichtig, dass dem Laut zunächst Raum gegeben wird, bevor es an die Schreibweise geht. Daher starten wir im Plenum immer mit Übungen aus dem Bereich „Sprechen“. Im Anschluss beschäftigen sich die Kinder mit den einzelnen Lernangeboten. Wir treffen uns regelmäßig abschließend erneut im Plenum, um über einzelne Angebote detailliert zu sprechen. Das ist dann sozusagen der Bereich „Lernen“. (Also ja, es gibt zuerst einen Input.) Viele Grüße Johannes
Danke für deine Rückmeldung!